Wenn der Posaunenchor singt
SELK: Allgemeine Kirchenmusiktage in Berlin
Von Christi Himmelfahrt bis zum Sonntag Exaudi - so ist es schon seit vielen Jahren gute Tradition - finden die Allgemeinen Kirchenmusiktage (AKT | Bilder: www.kas-selk-sued.de) der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) statt. Dazu hatte das Amt für Kirchenmusik zusammen mit dem Kirchenmusikalischen Arbeitskreis im Sprengel Ost in diesem Jahr nach Berlin-Neukölln geladen, wo die Paulus-Gemeinde der SELK als Gastgeberin fungierte. Etwa 60 Bläserinnen und Bläser sowie 18 Organistinnen und Organisten aus allen Sprengeln der SELK fanden sich ein.
Eine Teilnehmerin kam aus der Freien Evangelisch-Lutherischen Synode in Südafrika, einer Schwesterkirche der SELK.
"Swinget dem Herrn ein neues Lied" - so lautete das dem biblischen Psalm 98 entlehnte Motto. Es sollte neugierig machen, wie es gelingen kann, modernere Klänge - wie Jazz und Swing - durch Blechblasinstrumente zu Gehör zu bringen. Den Tastenspielenden sollte Mut zur Improvisation gemacht werden. Morgens, mittags und abends gestalteten verschiedene Personen Andachten mit Bläser- und Orgelmusik sowie einem kurzen geistlichen Impuls.
Während Richard Roblee (Iphofen), Jazz-Musiker und Professor für Posaune in Würzburg, der in Bläserkreisen für schwungvolle Arrangements geistlicher Lieder bekannt ist, mit den Blechbläserinnen und Blechbläsern probte, fand parallel der Organistenworkshop mit Daniel Beilschmidt, Universitätsorganist in Leipzig und stellvertretender Organist an der Thomaskirche, statt. Orgelspielende sind meist auf sich allein gestellt und hatten auf den AKT die Gelegenheit, sowohl das Choralspiel aus dem Gesangbuch zu perfektionieren als auch Intonationen selbst zu kreieren und sich an freie Improvisationen zu wagen. Beilschmidt begleitete alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer individuell.
Die Bläserinnen und Bläser begannen ihren Tag ohne ihr Instrument. Atemübungen und Lieder wie "Hänschen klein" - allein auf dem Mundstück gespielt - schulten und sorgten für gute Stimmung. Eine bildreiche Sprache half den Bläsern schnell zu einem eindrucksvollen Klang. Ein Ritardando sei wie ein bremsender Zug, der in den Bahnhof rollt, und kein sterbender Schwan, erklärte der Dozent. Manche Gestaltung könne man gut an die Höhe der einzelnen Melodien der Stimmen anlehnen, während man an anderer Stelle besser die Tonlängen als Kriterium für die Dynamik zu Grunde legt. Das Ergebnis ist ein sehr farbiger, lebendiger Klang, der einen alten Choral oft in neuem Licht lebendig macht. Auch traditionelle Choräle hatten ihren Platz. Manchmal hörte man die Bläserinnen und Bläser ein Stück zunächst singen, bevor sie es auf ihr Instrument übertrugen.
Einzelunterricht durch Stefan Rudolph und Michael Knake (beide Berlin) halfen, das Gelernte zu festigen. Blechblasinstrumentenbauerin Ruth Keidel (Velten) hielt einen sehr informativen wie kurzweiligen Vortrag über die richtige Pflege eines Blechblasinstrumentes.
Jeder Tag ging mit einem eindrucksvollen Konzert zu Ende. Am Donnerstag gestaltete eine Bläsergruppe aus dem Sprengel Ost mit Kerstin Rehle (Leipzig) an der Orgel und Björn Köster (Berlin) am Schlagwerk unter Leitung von Kirchenmusikwart Rainer Köster (Berlin) das Eröffnungskonzert. Am zweiten Tag folgte Daniel Beilschmidt mit Musik von Bach und Messiaen sowie selbst komponierte Improvisationen an der Schuke-Orgel der landeskirchlichen Philipp-Melanchthon-Kirche. Zuletzt musizierte "A very little Bigband" mit Referent Richard Roblee vor den Teilnehmenden und Gästen aus den Berliner Gemeinden.
Am Sonntag gingen die AKT mit dem gemeinsamen Gottesdienst in der Philipp-Melanchthon-Kirche zu Ende. In dem durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer musikalisch reich gestalteten Gottesdienst hielt Kirchenrat Michael Schätzel (Hannover) die Festpredigt und band in seine Verkündigung auch kirchenmusikalische Gesichtspunkte ein. So unterschied er zwischen Nettoqualität und Bruttoqualität in der Kirchenmusik: Nicht nur das Ergebnis musikalischer Bemühungen und seine subjektive Wahrnehmung seien wichtig, sondern auch die Ermöglichung und Wahrnehmung von Aspekten der Werkauswahl und der Voraussetzungen, Bedingungen und Zielsetzungen kirchenmusikalischen Agierens. Hier seien Musizierende wie Hörende gefragt.
Die nächsten AKT finden von Christi Himmelfahrt bis zum Sonntag Exaudi (29. Mai bis 1. Juni 2014) im Sprengel Nord statt.
Fotos: Edmund Hohls